Tout de Suite

Ort: Musikschule Fellbach, Konzertsaal

Die Suite ist neben dem Concerto die bedeutendste Form der Orchestermusik in der Barockzeit und auch eine der ersten rein instrumentalen Gattungen. Die Suite der „Regelform“ reiht in unterhaltsamer Weise Tanzsätze unterschiedlichen Gestus aneinander, zumeist von einer Ouvertüre eröffnet. Das zyklisch verbindende Element ist die gemeinsame Tonart aller Sätze, die höchstens mal von der Moll- bzw. Durvariante durchbrochen wird. Je nach Herkunftsland unterscheiden sich die Tänze, die in eine Suite gehören, so schreibt Johann Sebastian Bach z. B. Englische oder Französische Suiten.

La Changeante von Georg Philipp Telemann bricht mit der Tradition der Grundtonart als einendem Element. Auf zum Teil überraschende Weise führt Telemann seine Zuhörer in dieser Suite durch zahlreiche Tonarten, die mit der Grundtonart mehr oder weniger verwandt sind – so kippt beispielsweise die Tonart innerhalb des zweiteiligen französischen Menuetts von e-Moll nach E-Dur und wieder zurück. Neben diesen klassischen Elementen überrascht La Changeante aber auch durch ungewöhnliche Tänze mit bildhaften Titeln wie „La Plaisanterie“ („Der Scherz“), „Les Scaramouches“, was auf die italienische Tradition der Commedia dell’arte verweist oder einer englischen „Hornpipe“.

Die Streichersinfonie III in e-Moll von Felix Mendelssohn Bartholdy ist eigentlich keine Suite. Dennoch steht sie mit voller Berechtigung zwischen den anderen Werken. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ist die gute alte Suite nicht mehr en vogue. Ähnliche Instrumentalgattungen wie Divertimento oder Serenade, vor allem aber die Sinfonie lösen die Suite als wichtigste Gattung gehobener musikalischer Unterhaltung ab. Der junge Mendelssohn, der dieses Werk im Alter von 12 Jahren schreibt, studiert seine Vorbilder, experimentiert mit Motiven, Themen und Formen. So findet man in diesem energetischen Jugendwerk, das formal zwischen Divertimento und Sinfonie liegt, Anklänge an barocke Motorik, Bach’sche Fugierungen oder die melodiöse Eleganz eines Wolfgang Amadeus Mozart.

Wenn Edvard Grieg seine Suite Aus Holbergs Zeit“ auch Suite im alten Stil nennt, dann muss es ja mittlerweile – wir schreiben das 19. Jahrhundert – auch eine Suite im neuen Stil geben. Diese neue Suitenform versteht sich nicht als zyklische Reihung von Tanzsätzen, sondern als medleyartiges Best of aus einem größeren Werk – beispielsweise einem Bühnenwerk. Prominente Beispiele hierfür sind die Carmen-Suiten von Georges Bizet oder die Peer Gynt-Suiten von Grieg selbst. Doch die so genannte Holberg-Suite ist ganz fürs Konzert konzipiert und folgt dem „alten Geist“: der abwechslungsreichen Folge von Tanzsätzen. Grieg wählt die Titel der einzelnen Sätze ganz nach barockem Vorbild – doch formt er sie in seiner eigenen romantischen Tonsprache mit viel dynamischer und agogischer Gestaltung aus.

Die Liverpool-Suite von Paul McCartney und Carl Davis ist nun der Repräsentant der Suite „im neuen Stil“ in unserem Programm – und das gleich in zweierlei Hinsicht: Sie fällt stilistisch eindeutig unter Popmusik und sie ist im obigen Sinne eine Kompilation aus einem großen Bühnenwerk, dem „Liverpool Oratorio“, das McCartney 1991 zum 150-jährigen Bestehen des Royal Liverpool Philharmonic Orchestra mit dessen Dirigenten Carl Davis komponiert hat. Es erzählt McCartneys persönliche Geschichte in der Stadt Liverpool. Einige der schönsten Klangbilder fanden Einzug in die Suite, in der die Zuhörer McCartneys Verhältnis zur Schule ebenso nacherleben können wie einen ordentlichen Schwips in der Kneipe.

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